Veröffentlicht am 04.04.2020 von ms
Das Überholen von Fahrzeugen, die langsamer unterwegs sind oder fahrzeugbedingt nur eine geringe Geschwindigkeit erreichen, gehört zu den Standartsituationen im Strassenverkehr.
Trotzdem ist der Überholvorgang nicht ohne Risiken. Der Gesetzgeber hat natürlich auch einige Bestimmungen für das korrekte Überholen erlassen und in der Vorbereitung auf die Autoprüfung Theorie lernen Fahrschüler, wie man den Überholvorgang so ausführt, dass weder sich selbst noch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. In unserem Beitrag erfahren Sie, wie Sie sich korrekt verhalten, wenn Sie einen Überholvorgang durchführen.
Von Überholen spricht man dann, wenn zwei Fahrzeuge mit unterschiedlicher Geschwindigkeit auf derselben Fahrbahn in dieselbe Richtung unterwegs sind und das schnellere Fahrzeug am langsameren vorbeifährt.
Im Gegensatz dazu steht das Vorbeifahren an einem nicht verkehrsbedingt haltenden oder parkierenden Fahrzeug.
Voraussetzungen für das Überholen
Nicht nur die Einhaltung der Verkehrsregeln ist Pflicht, sondern auch gesunder Menschenverstand, vorausschauendes Fahren und Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer sind beim Überholen gefragt. Man sollte im Zweifelsfall also überlegen, ob es nicht besser ist, sich in Geduld zu üben, anstatt einen Unfall zu riskieren.
Um einen Überholvorgang sicher durchführen zu können, müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- man muss mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit unterwegs sein, als das zu überholende Fahrzeug
- es muss genügend Platz vorhanden sein, um einen ausreichenden Seitenabstand zum Fahrzeug einhalten zu können, welches man überholen möchte
- der Gegenverkehr und nachfolgende Fahrzeuge dürfen nicht gefährdet werden
- es darf keine Gefährdung durch den Zustand der Fahrbahn vorliegen
- es muss ausreichende Sicht auf die Gegenfahrbahn vorhanden sein
- es darf kein Überholverbot auf der betreffenden Strecke bestehen
Schauen wir uns einige dieser Punkte etwas konkreter an: wie hoch sollte die Geschwindigkeitsdifferenz zum überholten Fahrzeug sein und wie gross der seitliche Abstand?
Die Differenz, die für das sichere Überholen nötig ist, sollte 20 – 30 km/h betragen.
Das bedeutet, dass Sie mindestens 70 km/h erreichen müssen, wenn Sie ein Fahrzeug überholen wollen, das mit 50 km/h unterwegs ist. Falls die nötige Geschwindigkeit höher ist als das Tempolimit, darf natürlich nicht überholt werden.
Der seitliche Abstand zum Fahrzeug, das man überholen will, sollte mindestens einen Meter betragen, bei Zweiradfahrern sogar 1,5 Meter. Besonders bei Kindern sollte dieser Abstand keinesfalls unterschritten werden.
Um den Gegenverkehr nicht zu gefährden, muss der Überholweg richtig eingeschätzt werden. Zur Berechnung des Überholweges gibt es eine relativ einfache Formel: man nimmt die höhere Geschwindigkeit, also diejenige des überholenden Fahrzeuges und multipliziert diese mit sich selbst und teilt sie durch die Geschwindigkeitsdifferenz. Man erhält somit den Überholweg in Metern.
70 X 70 : 20 = 245 (Meter)
Wenn es darum geht, den Gegenverkehr nicht zu gefährden, darf man auch den Zustand der Strasse nicht ausser Acht lassen. Bei regennassen Fahrbahnen, bei Schnee, Fahrbahnunebenheiten z.B. infolge von Bauarbeiten sollten Sie sich gut überlegen, ob ein Überholen nicht zu gefährlich ist. Vermeiden Sie Situationen, bei denen es notwendig werden könnte, voll auf die Bremse zu treten, um einen Unfall zu verhindern. Wie Sie in einer gefährlichen Situation richtig bremsen, erfahren Sie in unserem Blogbeitrag über die Notbremstechnik.
Wann darf ich nicht überholen?
Nicht überholen dürfen Sie, wenn die Beschilderung das Überholen verbietet. Ebenso ist das Überholen verboten
- vor unübersichtlichen Kurven
- vor Kuppen
- vor unbeschrankten Bahnübergängen
- wenn das vorausfahrende Fahrzeug ankündigt, nach links abbiegen zu wollen
- wenn das vorausfahrende Fahrzeug vor einem Fussgängerstreifen anhält, um Fussgängern das Überqueren der Strasse zu ermöglichen
Ausser auf mehrspurigen Autobahnen ist es ausserdem verboten, ein überholendes Fahrzeug zu überholen, es sei denn, beide überholte Fahrzeuge sind nicht breiter als ein Meter. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Motorradfahrer gerade dabei ist, einen Velofahrer zu überholen.
Im Bereich von Strassenmündungen, wo man die einmündenden Strassen nicht überblicken kann darf nur überholen werden, wenn man sich auf einer Strasse mit Vortrittsrecht befindet oder der Verkehr durch Ampeln oder Polizei geregelt ist.
Eine haltende Strassenbahn darf nur in langsamer Fahrt überholt werden. Sie wird rechts überholt, falls eine Schutzinsel vorhanden ist, ansonsten links.
Ebenfalls nur langsam überholt werden darf ein haltender Schulbus mit eingeschalteten Warnblinklichtern. In diesen Fällen gilt die 20km/h Regel nicht.
Bei öffentlichen Verkehrsmitteln an Haltestellen muss man immer aus- und einsteigende Fahrgäste berücksichtigen, bei Schulbussen und in der Nähe von Schulen oder Kindergärten ist immer mit Kindern zu rechnen, die die Strasse überqueren könnten, ohne dabei auf den Verkehr zu achten. Oft ist es in solchen Situationen besser, auf das Überholen zu verzichten.
Vorsicht sollte man auch walten lassen, wenn man Pferdekutschen überholen will. Pferde sind Fluchttiere und könnten erschreckt werden, überholen Sie daher vorsichtig.
Weiters ist zu beachten, dass Trauerzüge in der Schweiz in der Regel nicht überholt werden.
Wie überholt man richtig?
Sofern es kein Überholverbot gibt und es die Verkehrssituation erlaubt, kann man zum Überholen ansetzen. Dabei achtet man zuerst, dass nicht zu nahe an das vorausfahrende Fahrzeug aufgeschlossen wird. Nur so besteht die nötige Sicht nach vorne. Dann erfolgt vor dem Ausbiegen zum Überholen ein Blick in den Innen- und Seitenspiegel. Auch der Seitenblick darf nicht vergessen werden, um den toten Winkel nicht ausser Acht zu lassen. Ist die Gegenfahrbahn frei, blinkt man links, überholt zügig und vergewissert sich vor dem Wiedereinbiegen, dass das überholte Fahrzeug im Innenspiegel sichtbar wird und somit das Wiedereinbiegen nicht gefährdet. Vor dem Einscheren nach rechts blinken.
Wird man selbst überholt, sollte möglichst rechts gefahren und nicht beschleunigen werden, um dem überholenden Fahrzeug den Überholvorgang zu erleichtern. Hat sich der andere Verkehrsteilnehmer beim Überholen verschätzt, sollten Sie Ihm das Wiedereinbiegen erleichtern, indem Sie Ihre Geschwindigkeit verringern.
Das richtige Verhalten auf der Überholspur ist wichtig, um Unfälle zu vermeiden. Oft ist es aber besser, auf das Überholen zu verzichten, um riskante Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen.